AG Leipzig: Fristlose Kündigung eines Mobilfunkvertrages

BGB §§ 626, 611


Ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung eines Mobilfunkvertrages ist gegeben, wenn über einen längeren Zeitraum wiederholt nicht behebbare Störungen auftreten, die dem Kunden das Telefonieren und den Versand von SMS-Nachrichten unmöglich machen.

AG Leipzig, Urt. v. 19.02.2003 – 09 C 12621/02

Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird nicht zugelassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
Tatbestand
Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 495 a ZPO verzichtet.
Abs. 1
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist in der Sache nicht begründet.
Abs. 2
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des erkennenden Gerichts fest, dass die Klägerin gegen den Beklagten keinen Anspruch auf die Zahlung des Betrages in Höhe von 127,44 € aus Mobilfunkvertrag hat.
Abs. 3
In dem Zeitraum, für den die Klägerin von dem Beklagten die Zahlungen verlangt, bestand zwischen den Parteien kein Vertragsverhältnis mehr. Der zwischen den Parteien am 01.08.1998 geschlossene und am 02.10.2000  verlängerte Mobilfunkvertrag wurde durch die außerordentliche fristlose Kündigung des Beklagten wirksam zum 30.11.2001 beendet.
Abs. 4
Zwischen den Parteien bestand ein Dauerschuldverhältnis. Solche Schuldverhältnisse können aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden. Ein solcher wichtiger Grund war hier gegeben. Die Beeinträchtigung des Vertragsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beklagten war derart schwer wiegend, dass es für den Beklagten nicht mehr zumutbar war, an diesem Vertrag bis zum Vertragsende am 01.10.2002 festgehalten zu werden.
Abs. 5
Die Bereitstellung der Nutzung des Telefonnetzes war Hauptbestandteil des Mobilfunkvertrages der Prozessparteien, wie sich auch aus den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin (Nr. 3.4) ergibt.
Abs. 6
Es war dem Beklagten nicht zuzumuten, am Vertrag bis zum Ende der Vertragslaufzeit festzuhalten, wenn ihm die vertragsgemäße Nutzung des Mobilfunknetzes bzw. des Telefons nicht möglich ist. Die Klägerin behält sich zwar gem. Nr. 3.5 ihrer AGB das Eintreten zeitweiliger Störungen bei dem Betrieb des Mobilfunksystems vor, jedoch kann man hier in Anbetracht der Häufigkeit nicht mehr von nur "zeitweiligen" Störungen des Telefongerätes und des Mobilfunknetzes im Bereich des Beklagten ausgehen. Sinn eines solchen Vertrages ist es gerade, die angebotenen Leistungen des Vertragspartners – telefonieren und SMS zu versenden – nutzen zu können, was dem Beklagten besonders in wichtigen Situationen und wiederholt auftretend nicht möglich war. Die Klägerin ist somit ihrer Vertragspflicht – dem Beklagten ihr Telefonnetz zur Nutzung zu überlassen – über einen längeren Zeitraum und wiederholt nicht nachgekommen.
Abs. 7
Nach der glaubhaften Aussage der auch glaubwürdigen Zeugin Z ereigneten sich bereits ab September 2001 regelmäßige und immer wieder auftretende Störungen des Vertragsverhälinisses mit der Klägerin. An diese konnte sich die Zeugin auch deshalb so genau erinnern, weil die Fehler teilweise gerade auch in schwierigen Situationen auftraten. Es war dem Beklagten z. B. nicht möglich, bei einer Autopanne durch ein Telefonat über sein Handy Hilfe zu holen bzw. andere Personen zu informieren, auch konnte er mit diesem Handy über längere Zeiträume nicht zurückgerufen werden, da sich das Telefon nicht ins Mobilfunknetz der Klägerin einloggte.
Abs. 8
Es war dem Beklagten nicht mehr möglich, mit seinem von der Klagerin gestellten Mobilfunktelefon vom Netz der Klägerin in andere Netze zu telefonieren, auch konnte er den SMS-Service, der von der Klägerin angeboten wurde, nicht mehr nutzen. Der Beklagte konnte sich gar nicht mehr in das Telefonnetz der Klagerin einwählen. Dies hatte zur Folge, dass eine Verbindung mit dem gewählten Gesprächspartner gar nicht zustande kam. Diese Situation zog sich über Monate hin.
Abs. 9
Dem Beklagten war es nach der glaubhaften und ebenfalls glaubwürdigen Aussage der Zeugin X auch nicht möglich, in anderen Regionen – etwa in Zwenkau – zu telefonieren. In diesem Gebiet traten die gleichen Störungen – kein Einloggen ins Mobilfunknetz und somit auch keine Möglichkeit zu telefonieren und SMS zu versenden – auf. Trotz Mängelanzeige und der Überprüfung des Telefons durch die Klägerin konnte diese die im Dauerschuldverhältnis der Parteien aufgetretenen Mängel nicht beseitigen, hat somit ihre Vertragspflichten nicht mehr erfüllt und kann damit auch keine Vergütung für die – nicht erbrachten – Leistungen verlangen.
Abs. 10
Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Verzinsung gem. §§ 288, 286, 284 BGB. Es fehlt hierfür bereits an einer fälligen und durchsetzbaren Forderung.
Abs. 11
Nach allem war wie tenoriert zu entscheiden.
Abs. 12
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Abs. 13
 

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