KG: Streitwert bei E-Mail-Werbung

ZPO § 3


Schon für ein Verfügungsverfahren, in dem der Antragsteller die Unterlassung von E-Mail-Werbung begehrt, kann ein Streitwert von 7.500 € angemessen sein, wenn die Kommunikation mittels E-Mail für den Antragsteller erkennbar von besonderer geschäftlicher oder beruflicher Bedeutung ist.

KG, Beschl. v. 12.05.2006 – 5 W 93/06
(LG Berlin, Beschl. v. 06.01.2006 – 15 O 784/05)

Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen den Streitwertbeschluss der Zivilkammer 15 des LG Berlin vom 06. 01. 2006 – 15 O 784/05 – wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet
Gründe
1. Das gem. § 68 Abs. 1 GKG zulässige Rechtsmittel des Beklagten ist nicht begründet, § 3 ZPO. Das Landgericht hat den Wert der auf Unterlassung von gewerblicher E-Mail-Werbung des Beklagten (betreffend Kapitalanlage) gerichteten Klage (eines Steuerberaters) im Ergebnis zutreffend mit 7.500 € bemessen.
Abs. 1
a. Gemäß § 3 ZPO ist der Streitwert nach freiem Ermessen im Wege der Schätzung zu bestimmen. Maßgeblich für die Schätzung ist regelmäßig das wirtschaftliche lnteresse des Klägers am Erfolg seiner Klage. Ein gewichtiges Indiz für die Schätzung des Interesses bildet die Angabe des Streitwertes in der Klageschrift, weil diese noch unbeeinflusst vom Ausgang des Rechtsstreits erfolgt (vgl. Senat, JurBüro 2003, 142).
Abs. 2
b. Zwar entsteht bei einem nur einmaligem Herunterladen einer Werbe-E-Mail nur ein geringer finanzieller Schaden und zeitlicher Nachteil. Die Versendung von Werbung mittels E-Mail ist aber besonders kostengünstig, sodass von einem sehr großen Nachahmungseffekt auszugehen ist. Darüber hinaus muss sich der Empfänger beim Löschen der E-Mail regelmäßig auch näher mit dem Inhalt der E-Mail befassen, was den Werbewert (und damit die Nachahmungsgefahr) nochmals erhöht. Deshalb kann schon für ein Verfügungsverfahren ein Wert von 7.500 € angemessen sein, wenn die Kommunikation mittels E-Mail für den Antragsteller erkennbar von besonderer geschäftlicher oder beruflicher Bedeutung (also nicht nur rein privat) ist (Senat, a .a. O., Seite 143).
Abs. 3
c. Vorliegend hat der Kläger verfahrenseinleitend für das Hauptsacheverfahren einen Wert von 7.500 € angegeben. Die Kommunikation per E-Mail fällt in den Bereich der beruflichen Betätigung des Klägers. Dieser wird nicht nur nach einem eigenen Anlageinteresse gefragt, sondern sogar aufgefordert, Mandanten anzusprechen. Der Kläger musste mit einem Nachfassen des Beklagten rechnen. Bei tatenlos hingenommener E-Mail-Werbung wäre er als Steuerberater wegen seiner Mandantschaft im besonderen Maß Ziel einer Kapitalanlagewerbung per E-Mail. Bloße formelhafte Entschuldigungen in der Werbe-E-Mail können das Gefahrenpotential nicht herabsetzen. Dies gilt auch für eine etwaige schwache soziale Stellung des Beklagten, der offenbar deutschlandweit Anlageinteressenten sucht. Die "Betreff-Zeile" weist mit der Wendung "Anfrage" die E-Mail auch nicht völlig eindeutig als gewerbliche Werbung aus. Für ein lnteresse des Klägers an der Werbung lagen dem Beklagten keine individuellen Anhaltspunkte vor.
Abs. 4
Auch wenn der BGH eine Wertfestsetzung für das Begehren eines Rechtsanwaltes auf Unterlassung von E-Mail-Werbung eines Modehändlers mit 3.000 € hingenommen hat (RVG-Report 2005, 80), erscheint nach den vorliegend erörterten Umständen ein Wert von 7.500 € für das Haupsacheverfahren angemessen.
Abs. 5
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG.
Abs. 6
 
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