AG Stollberg: Anfechtung einer eBay-Offerte wegen Irrtums

BGB §§ 119 Abs. 2, 122


Wird bei eBay aufgrund eines Eingabefehlers statt des gewollten Startpreises ein Festpreis eingegeben, so kann die Offerte wegen dieses Irrtums wirksam angefochten werden (§ 119 Abs. 1, 2. Alt. BGB). Dass die Willenserklärung bei Kenntnis der Sachlage und verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben worden wäre, liegt auf der Hand, wenn ein Artikel mit einem Listenpreis von 69 € für 1 € angeboten wird.

AG Stollberg, Urt. v. 30.03.2006 – 3 C 0535/05

Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
Die Parteien schlossen am 11. 12. 2004 einen Kaufvertrag über zwei Zyclone Multifunktionsstaubsauger zum Preis von jeweils 1 €, die die Beklagte über eBay angeboten hatte. In der Offerte war der Preis von 1 € pro Stück als Festpreis angegeben. Der Listenpreis belauft sich auf 69 €.
Abs. 1
Mit E-Mail vom 13. 12. 2004 hat die Beklagte den Kaufvertrag wegen Irrtums angefochten. Aufgrund eines Eingabefehlers in die Software habe sie statt der gewollten Startpreisofferte eine Festpreisofferte eingestellt.
Abs. 2
Ein Anspruch auf die Staubsauger Zug um Zug gegen Zahlung von 2 € besteht nicht. Die Beklagte hat ihr Kaufangebot wirksam gem. § 119 Abs. 1, 2. Alt. BGB wegen Irrtums angefochten. Das Problem der Nachweisbarkeit des Irrtums stellt sich hier – anders als bei anderen Irtumsfällen – nicht, da der Irrtum auf der Hand liegt, also ohne Weiteres angenommen werden kann, dass die Beklagte bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles die Staubsauger im Wert von jeweils 69 € nicht für 1 € angeboten hätte. Die Anfechtungserklärung ist rechtzeitig, nämlich unverzüglich nach Bemerken des Irrtums erfolgt. Zwischen dem Kaufvertrag und der Anfechtungserklärung liegen nur zwei Tage.
Abs. 3
Ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte scheidet wegen Offensichtlichkeit des Irrtums aus, vgl. § 122 Abs. 2 BGB. Der Schadensersatzanspruch aus § 122 Abs. 1 BGB wäre ohnehin nicht auf Erfüllung, auch nicht auf das Erfüllungsinteresse gerichtet, sondern auf das negative Interesse, vgl. § 122 Abs. 1 BGB. Gleiches gilt für den konkurrierenden Anspruch aus culpa in contrahendo gem. § 311 i. V. m. § 280 Abs. 1 BGB. Der Schadensersatzanspruch stellt den Anfechtungsgegner so, als hätte er von dem angefochtenen Geschäft nie etwas gehört, nicht aber so, als wäre ordnungsgemäu erfüllt worden. Ein Anspruch auf die Differenz zwischen Listenpreis und Kaufpreis besteht also nicht, das wäre das Erfüllungsinteresse. Der Kläger hat jedoch keinen Vertrauensschaden, d. h. keinen Nachteil dargetan, der ihm durch das Vertrauen auf die Gültigkeit des Vertrags entstanden ist.
Abs. 4
Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Abs. 5
 

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