LG Darmstadt: Schadensersatz bei verspäteter Rechnungsstellung

BGB § 280 Abs. 1


Hat sich ein Internetprovider verpflichtet, dem Kunden eine monatliche Rechnung zu erteilen, steht dem Kunden bei verspäteter Rechnungsstellung grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch auf Ersatz der durch einen verspäteten Tarifwechsel entstandenen Mehrkosten zu.

LG Darmstadt, Urt. v. 20.04.2005 – 25 S 263/04
(AG Darmstadt, Urt. v. 06.10.2004 – 305 C 223/04)

Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des AG Darmstadt vom 06.10.2004 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 397,16 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.11.2003 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 54 % und die Beklagte 46 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert der Berufung: 871,64 €.
Gründe
Es wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Abs. 1
Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen erstinstanzlich geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von 871,74 € weiter. Er rügt im Wesentlichen unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags die Verletzung materiellen Rechts und erhebt Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen durch das Amtsgericht.
Abs. 2
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Abs. 3
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klagers hat lediglich in Höhe von 397,16 € Erfolg, im Übrigen ist sie jedoch unbegründet.
Abs. 4
Im Einzelnen ergibt sich das aus Folgendem:
Abs. 5
1.  Grundsätzlich ist dem Amtsgericht zuzustimmen, dass ein Rückzahlungsanspruch des Klägers in voller Höhe nicht besteht, weil die mit Rechnung vom 14.11.2003 (Bl. 17) berechneten Internet-Nutzungsentgelte tatsächlich angefallen sind, und die Nutzungszeiten gemäß den im Rechtsstreit, zwar verspätet, vorgelegten Einzelverbindungsnachweisen für den Zeitraum vom 13.04.2003 bis 02.11.2003 (Bl. 42-89) auch zu Recht berechnet worden sind. Die vorgelegten Einzelverbindungsnachweise bringen vollen Beweis für die Nutzung des Internetzugangs des Klägers, der nur mit der Anschlusskennung des Klägers und seinem persönlichen Kennwort zugänglich war.
Abs. 6
Konkrete Anhaltspunkte für eine technisch falsche Aufzeichnung oder für eine Manipulation durch Dritte sind nicht hinreichend dargetan. Dafür genügen jedenfalls nicht die Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 06.09.2004 (Bl. 100-101) über eine scheinbare Häufung von gleichen Einwahlzeiten. Dafür sind unterschiedliche Gründe vorstellbar. Zum Beispiel kann es sich dabei um das Anklicken bestimmter Spiele von gleicher Dauer handeln. Auch vom Umfang der gleichen Einwahlzeiten kann nicht von signifikanten Auffälligkeiten in den Verbindungsnachweisen ausgegangen werden. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis für die Möglichkeit der Manipulation der Zugänge der Beklagten und der angeblich fehlenden Nachvollziehbarkeit der Abrechnungen ist nach Ansicht der Kammer nicht geboten. Die bloße Möglichkeit der Manipulation liefert noch keinen Beweis dafür, dass eine solche hier konkret stattgefunden hat. Die Frage der Nachvollziehbarkeit der Abrechnung ist eine Rechtsfrage, die das Gericht zu entscheiden hat. Zweifel daran bestehen hier nicht. Die Einwendungen des Klägers gegen die Abrechnung der Internetgebühren gemäß Rechnung vom 14.11.2003 greifen daher insgesamt nicht durch.
Abs. 7
2.  Die Berufung hat jedoch insoweit Erfolg, als der Kläger einen Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung wegen Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht durch die Beklagte geltend macht. Gemäß Ziffer 10.1 der allgemeinen Geschäftsbedingungen (Bl. 30) hat sich die Beklagte verpflichtet, den Kunden i. d. R. eine monatliche Rechnung zu erteilen. Dagegen hat die Beklagte eindeutig verstoßen, indem sie erst nach etwa 6 1/2 Monaten die angefallenen Nutzungsentgelte über die Deutsche Telekom AG abgerechnet hat und erst im Verlauf des Rechtsstreits die Einzelverbindungsnachweise darüber vorgelegt hat. Die Beklagte hat durch das Fehlen einer zeitnahen Abrechnung dem Kläger die Möglichkeit genommen, zu einem früheren Zeitpunkt als tatsächlich geschehen einen Tarifwechsel auf den für ihn günstigeren Tarif "surftime 60" oder den Tarif "surftime 90" vorzunehmen. Er konnte sich daher nicht frühzeitig auf die Rechnungshöhe einstellen und/oder sein Nutzungsverhalten im Internetgebrauch ändern. Daher steht dem Kläger grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch auf Ersatz der durch den verspäteten Tarifwechsel entstandenen Mehrkosten zu.
Abs. 8
Die Berechnung des Klägers dazu im Schriftsatz vom 06.09.2004 auf Seite 5 (Bl. 103), gegen die die Beklagte inhaltlich nichts eingewendet hat, ist nicht zu beanstanden. Im Ergebnis steht dem Kläger daher ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 397,16 € zu.
Abs. 9
3.  Die weiteren Einwendungen des Klägers gegen die Teilforderung in Höhe von 92,51 € aus der Rechnung vom 18.03.2004 (Bl. 32) gehen dagegen fehl. Diese Forderung der Beklagten ist begründet für die Nacherhebung von Grundgebühren im Tarif "surftime 60" nach dem erfolgten Tarifwechsel ab dem 15.11.2003 bis 24.02.2004. Das Bestreiten dieser Rechnung durch den Kläger ist daher unbeachtlich.
Abs. 10
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über [die] vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 ZPO.
Abs. 11

VuR 2005, 380
 
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