SG Duisburg: Zugangsnachweis durch Telefax-Sendebericht mit OK-Vermerk

BGB § 130


Bei Vorlage eines Sendeberichts mit "OK"-Vermerk kann grundsätzlich darauf geschlossen werden, dass das entsprechende Telefax dem Empfänger zugegangen ist. Das gilt jedenfalls, sofern keine Hinweise auf eine Manipulation des Sendeberichts oder sonstige Störungen vorliegen.

SG Duisburg, Gerichtsbescheid v. 03.12.2010 – S 38 AS 676/10

Tenor
Die Beklagte wird verpflichtet, den Widerspruch der Kläger vom 17.11.2009 gegen den Bescheid vom 20.10.2009 (Bewilligungszeltraum 01.09.2009 bis 30.10.2009) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger.
Tatbestand
Die Kläger begehren mit der vorliegenden Untätigkeitsklage die Bescheidung ihres Widerspruchs vom 17.11 .2009 gegen den Bescheid vom 20.10.2009, mit dem ihnen Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II bewilligt worden sind.
Abs. 1
Mit Bescheid vom 20.10.2009 bewilligte die Beklagte den Klägern für den Zeitraum 01.09.2009 bis 30.10.2009 Leistungen nach dem SGB II.
Abs. 2
Mit der am 22.02.2010 bei Gericht eingegangenen Untätigkeitsklage begehren die Kläger die Bescheidung ihres Widerspruchs vom 17.11.2009 gegen den Bescheid vom 20.10.2009. Zur Begründung tragen sie vor, dass sie gegen diesen Bescheid über ihren Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 17.11.2009 Widerspruch eingelegt haben. Mit Schreiben vom 19.01.2010 habe der Prozessbevollmächtigte der Kläger der Beklagten mitgeteilt, dass über diesen Widerspruch bislang noch nicht entschieden worden sei und nach Ablauf der Frist des § 88 Abs. 2 SGG i. V. § 88 Abs. 1 SGG Untätigkeitsklage angekündigt. Als Nachweis für den Zugang ihres Widerspruchs bei der Beklagten sowie des Schreibens vom 19.01.2010 haben die Kläger einen Faxsendebericht mit einem "OK"·Vermerk vorgelegt.
Abs. 3

Die Kläger beantragen,

die Beklagte zu verpflichten, den Widerspruch vom 17.11.2009 gegen den Bescheid vom 20.10.2009 (Bewilligungszeitraum 01.09.2009 bis 30.10.2009) zu bescheiden.

Abs. 4

 Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Abs. 5
Sie bestreitet den Zugang des Widerspruchs und vertritt die Auffassung, dass mit Vorlage des Faxsendeberichtes mit dem "OK"-Vermerk nicht nachgewiesen worden sei, dass der Widerspruch bei der Beklagten zugegangen sei. Insofern verweist die Beklagte auf die Entscheidung des SG Duisburg vom 16.06.2010 – S 39 AS 258/09.
Abs. 6
Die Beteiligten sind dazu gehört worden, dass das Gericht eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG beabsichtigt. Sie haben sich hiermit einverstanden erklärt.
Abs. 7
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Abs. 8
Entscheidungsgründe
Die Streitsache konnte gem. § 105 SGG durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da sie keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.
Abs. 9
Die Untätigkeitsklage ist zulässig und begründet.
Abs. 10
Die Beklagte war zu verpflichten, den Widerspruch der Kläger vom 17.11.2009 gegen den Bescheid vom 20.10.2009 (Bewilligungszeitraum 01.09.2009 bis 30.10.2009) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden, da die unterlassene Bescheidung rechtswidrig ist (§ 131 Abs. 3 SGG).
Abs. 11
Nach § 88 Abs. 2 GG i. V. mit § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG kann, wenn über einen Widerspruch ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist, nach Ablauf von drei Monaten Klage erhoben werden.
Abs. 12
Die vorliegende Untätigkeitsklage ist zulässig, da die Beklagte über den Widerspruch der Kläger vom 17.11.2009 auch nach über einem Jahr ohne zureichenden Grund nicht entschieden hat.
Abs. 13
Die Kläger haben auch nachgewiesen, dass ihr Widerspruch vom 17.11 .2009 gegen den Bescheid vom 20.10.2009, mit dem ihnen Leistungen für die Zeit vom 01.09.2009 bis 30.10.2009 bewilligt worden sind, bei der Beklagten zugegangen ist. Für den Nachweis des Zugangs des Widerspruchs bei der Beklagten haben die Kläger den Faxsendebericht vom 17.11.2009 mit einem "OK"-Vermerk vorgelegt. Diesem Bericht ist zu entnehmen, dass am 17.11.2009 um 12:35 Uhr an die Faxnummer der Beklagten ein Fax verschickt worden ist. Nachgewiesen ist ebenfalls, dass es sich bei diesem Fax um den Widerspruch der Kläger vom 17.11.2009 gegen den Bescheid vom 20.10.2009 für den Bewilligungzeitraum 01.09.2009 bis 30.10.2010 gehandelt hat, da dem Sendebericht auch ein Auszug des übermittelten Schreibens zu entnehmen ist.
Abs. 14
Nach Auffassung des Gerichts reicht für den Nachweis des Zugangs des Widerspruchs bei der Beklagten dieser Faxsendebericht mit "OK"-Vermerk aus.
Abs. 15
Zwar hat der BGH in seiner früheren Rechtsprechung mehrfach ausgesprochen, dass ein durch Telefax übermittelter Schriftsatz grundsätzlich erst in dem Zeitpunkt beim Empfänger eingegangen ist, in welchem das Telefaxgerät des Empfängers ihn vollständig ausgedruckt hat (vgl. z. B. BGH, Urt. v. 07.12.1994 – VIII ZR 153/93, NJW 1995, 665 [667]; Beschl. v. 04.05.1994 – XII ZB 21/94, NJW 1994, 2097; Beschl. v. 19.04.1994 – VI ZB 3/94, NJW 1994, 1881 [1882]). Diese den technischen Gegebenheiten der Telekommunikation nicht mehr gerecht werdende Auffassung hat der BGH inzwischen aufgegeben. Für den Eingang eines per Telefax übermittelten Dokuments stellt er nunmehr auf den vollständigen Empfang (Speicherung) der gesendeten technischen Signale im Telefaxgerät des Empfängers ab (BGH, Beschl. v. 25.04.2006 – IV ZB 20/05, NJW 2006, 2263 [2264 ff.]).
Abs. 16
Das Vorliegen eines "OK"-Vermerks im Sendebericht belegt das Zustandekommen der Verbindung, falls eine Manipulation des Sendeberichtes auszuschließen ist (BGH, Urt. v. 07.12.1994 – VIII ZR 153/93, NJW 1995, 665 [667]; vgl. auch BGH, Beschl. v. 23.10.1995 – II ZB 6/95, juris).
Abs. 17
Insofern hat das OLG Karlsruhe (Urt. v. 30.09.2008 – 12 U 65/08, juris) mithilfe eines Sachverständigengutachtens überprüft, ob es wahrscheinlich ist, dass die Übermittlung der Telefaxnachricht trotz Vorliegens eines Sendeberichtes mit "OK"-Vermerk an Leitungsstörungen, die zum Abbruch der Verbindung geführt haben, gescheitert sein könnte. Die Wahrscheinlichkeit eines solchen Geschehens hat der Sachverständige mit 0 % bewertet. Dem folgend hat das OLG Karlsruhe die Auffassung vertreten, aufgrund des Ablaufs der Kommunikation der in seinem Fall verwendeten Geräte könne bei einem "OK"-Vermerk generell davon ausgegangen werden, dass die Faxübertragung im Speicher des Empfängergeräts angekommen sei. Auch das OLG Celle (Urt. v. 19.06.2008 – 8 U 80/07, juris) ist in einem gleich gelagerten Fall zu dem Ergebnis gelangt, dass im Einzelfall nach sachverständiger Beratung aus dem im Sendebericht eines Faxes enthaltenen "OK"-Vermerk bzgl. der erfolgreichen Übermittlung auf einen Zugang des Faxes beim Empfänger geschlossen werden könne.
Abs. 18
Aufgrund dieser Rechtsprechung geht auch das BSG davon aus, dass durch die Vorlage eines nicht manipulierten Sendeprotokolls nachgewiesen werden könnte, dass zwischen dem Telefaxgerät des Versenders und. dem von ihm angewählten Telefaxgerät des Empfängers eine Leitungsverbindung zustande gekommen ist (BSG, Beschl. v. 20.10.2009 – B 5 R 84/09 B, juris).
Abs. 19
Vor dem Hintergrund der oben genannten Rechtsprechung ist das Gericht der Auffassung, dass bei Vorlage eines Sendeberichts mit "OK"-Vermerk grundsätzlich auf einen Zugang des Faxes beim Empfänger geschlossen werden kann, sofern keine Hinweise auf eine Manipulation des Sendeberichts oder sonstige Störungen vorliegen. Soweit die Beklagte auf die Entscheid.ung des SG Duisburg vom 16.06.2010 – S 39 AS 258/09 – verweist, in der die Auffassung vertreten wird, dass ein Sendebericht mit "OK"-Vermerk als Nachweis für den Zugang des Telefaxes nicht ausreiche, so schließt sich das Gericht dieser Auffassung nicht an.
Abs. 20
Dem vorgelegten Faxsendebericht mit "OK"-Vermerk ist zu entnehmen, dass um 12:35 Uhr eine Verbindung mit dem Faxgerät der Beklagten zustande gekommen ist. Anhaltspunkte für eine Manipulation des Sendeprotokolls oder sonstige Störungen sind nicht ersichtlich und von der Beklagten auch nicht vorgetragen worden. Für einen Zugang des Widerspruchs bei der Beklagten spricht zudem, dass der Widerspruch der Kläger vom 17.11.2009 gegen den Bescheid vom 20.10.2009 für den Bewilligungszeitraum 06.08.2009 bis 31.08.2009 unstreitig per Fax am 17.11.2009 um 12:19 Uhr zugegangen ist.
Abs. 21
Mit Schreiben vom 19.01.2010 hat der Prozessbevollmächtigte der Käger die Beklagte auf die ausstehende Bescheidung des Widerspruchs hingewiesen und Untätigkeitsklage angekündigt. Den Zugang dieses Schreibens bei der Beklagten haben die Kläger ebenfalls durch Vorlage des Faxsendeberichtes mit "OK"-Vermerk nachgewiesen.
Abs. 22
Die Beklagte hat über den Widerspruch vom 17.11.2009 nicht entschieden. Zureichende Gründe für die unterlassene Entscheidung über den Widerspruch sind nicht ersichtlich und von der Beklagten auch nicht vorgetragen worden.
Abs. 23
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Abs. 24
 

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